Zu Beginn hatte ich noch keine Ahnung, was mich im Zuge der Wanderei erwartet. Jetzt weiß ich: die letzten sieben Wochen waren eines der größten Abenteuer, das ich in meinen 26 Jahren erleben durfte. Man kann den Vergleich mit einem bekannten Hollywoodfilm schon ziehen, das ganze Projekt war wie eine Schachtel Pralinen. Manche schmecken ungemein gut, man kann sie gar nicht mehr aufhören zu essen. Das sind die Begegnungen, die wahnsinnig spannenden Menschen, die ich kennenlernen durfte, die guten, stundenlangen Unterhaltungen über Gott und die Welt, aber auch die Regionen und Landschaften, die ich durchwandert bin. Aber auch die Zeit, in der man nur bei sich selbst ist, viel zum Nachdenken kommt und Gedanken neu sortieren kann.
Manche Pralinen hingegen begeistern nach dem ersten Biss eher weniger, je länger man daran isst, desto besser schmecken sie einem aber. Ähnlich wie ein neuer Song im Radio, der beim ersten Mal nicht gefällt, dann von Mal zu Mal aber besser wird. Das ist die Anstrengung und die Motivation, immer wieder stellte ich mir die Frage: warum tu’ ich mir das eigentlich an? Jeden Abend wieder, wenn ich die Etappe geschafft war, wurde mir bewusst warum: genau um diesen Moment der absoluten Zufriedenheit zu leben und zu genießen. Das Gefühl, etwas geschafft zu haben, die Wanderei voll auszukosten. Und dann gibt es die Pralinen, die einfach ganz und gar nicht schmecken. Egal, wie viele oder wenige man davon isst, sie werden nicht besser. Das ist der Stress, die Einsamkeit, die Überanstrengung. Mit Tagebuch, Instagram und vielen Kooperationen habe ich mir schon einiges selbst (!) zugelassen. Das war zeitweise zu viel und hat den Genuss der Wanderei an sich in manchen, wenigen Momenten geschmälert. Trotzdem waren es in Summe die besten Pralinen, die ich jemals gegessen habe und einige der wohl schönsten und spannendsten Wochen meines Lebens. Ich danke allen, die mich so grandios unterstützt haben. Ohne euch hätte ich das niemals geschafft. Morgen marschiere ich meine letzten Kilometer nach Wien und habe mir dafür eine Packung Pralinen gekauft (die ich aber schnell essen muss, weil heiß!).
Ja, tatsächlich: morgen schließe ich mit Etappe 33 und nach fast 900 Kilometern die Wanderei ab, bevor es aber soweit ist, möchte ich noch ein paar Worte über die letzten beiden Etappen verlieren. Landschaftlich tut sich da nicht mehr viel, sorry Wagram, sorry Tullnerfeld! Die gestrige Etappe von Krems an der Donau nach Sachsendorf verlief großteils im „Hinterland“, nur kurz leistete uns – meiner Begleiterin und lieben Freundin Lisa und mir – die Donau (oder wir ihr?) Gesellschaft.
Den Rest der knapp 20 Kilometer marschierten wir in der prallen Sonne über Feldwege und wenig befahrene Landstraßen durch klassische niederösterreichische Orte. Ja, die mit den einstöckigen Häusern. Schließlich erreichten wir unser Ziel: Sachsendorf am Wagram. Noch nie gehört? Na aber Hallo, dann macht es wie ich – der auch zuvor noch nie etwas davon gelesen, gehört oder gerochen hat – und schreibt euch diesen Ort einmal gehörig hinter die Ohren. Denn hier durften wir unsere Nacht am Weinhof Waldschütz verbringen. Lisa, die die Sommerferien teilweise bei ihren Eltern am Hof verbringt, kümmerte sich herzlichst um uns. Neben Verpflegung, köstlichen Weinen und WM-Finale, durften wir auch nach der extrem heißen Etappe unsere Erfrischung im Pool suchen. Bruder Ralf, der in Zukunft den Weinhof von den Eltern komplett übernehmen soll, gab uns darüber hinaus noch eine exklusive Führung durch den Betrieb. Einmal pro Monat werden hier 8.000 – 12.000 Flaschen abgefüllt, Wahnsinn! All die Produkte, die wir verkosten durften, gibt es auch beim Familienheurigen in Obernholz. Noch nie gehört? Kein Problem: googeln, hinfahren und genießen. Glaubt mir, es lohnt sich.
Nach einer, sagen wir doch etwas weinintensiveren Nacht, wanderte ich heute gegen zehn Uhr mit Lisa, also Lisa vom Weinhof, nicht meine Begleiterin vom Vortag, und ihrem Freund Christian in Richtung Tulln an der Donau. Die knapp 25 Kilometer führen zuerst vom Weinhof an die Donau und dann durch dichtes Gestrüpp, vorbei an Zwentendorf auf der anderen Uferseite, bis knapp vor unseren Zielort. Wir landeten schließlich wieder auf einem asphaltierten Weg, dem wir bis Tulln folgten. Bevor wir die Brücke in die Bezirkshauptstadt querten, durfte natürlich ein Sprung in die Donau nicht fehlen, schließlich war es auch heute wieder eine sehr schwüle, heiße Etappe. Nach einer Rast am Ufer, nahm uns auf den letzten Metern meine liebe Freundin Marlene in Empfang. Als gebürtige Tullnerin konnte sie sich das natürlich nicht nehmen lassen. Wir verabschiedeten uns von Lisa und Christian und spazierten zum Haus der Eltern einer meiner besten Freunde, hier werde ich meine letzte Nacht auf der Wanderei verbringen. Morgen geht es nach Wien!
Zuvor aber noch Kunst, Kultur & Karikatur / sponsored
Als ich gestern in Krems losmarschierte, habe ich noch kurz der Kunsthalle Krems einen Besuch abgestattet. Seit 1992 wird hier in Niederösterreich den Besuchern zeitgenössische Kunst geboten, so durfte man hier in der Geschichte bereits Werke von Arnulf Rainer oder Pierre-Auguste Renoir bestaunen. Aktuell findet ihr die Ausstellungen SPACES von Eva Schlegel, sowie Picasso – Gorky – Warhol, Skulpturen und Arbeiten auf Papier. Der bekannte Schweizer Kunstsammler Hubert Looser hat dabei seine Sammlung zugänglich gemacht, Kunsthallen-Direktor Florian Steiniger hat etwa 150 der 300 gesammelten Werke ausgewählt. Nun werden sie bis zum 04.11.2018 in der Kremser Kunstinstitution ausgestellt. Die Schwerpunkte liegen dabei etwa auf dem Surrealismus und Abstrakten Expressionismus.
Was mich als Kunstlaien schwer beeindruckt hat und ein typischer Charakter der Sammlung Loosers ist, ist der scheinbare „Dialog“ in den die Kunstwerke und Skulpturen treten. Pablo Picasso hat mit seinem Werk „Sylvette“ etwa eine Kombination aus Skulptur und Gemälde geschaffen. Manche Kunstobjekte schlagen eine Brücke zu ihren skulpturalen Arbeiten, sei es über den Schatten, den sie werfen oder die Ähnlichkeit, die sie besitzen. Diese Verbindungen ziehen sich durch alle Ausstellungsräume und laden ein, beim Umschauen neue Beziehungen zwischen den einzelnen Objekten zu entdecken.
Im Kontrast zu den Skulpturen und Arbeiten auf Papier, steht die Ausstellung SPACES von Eva Schlegel. Die 1960 geborene österreichische Medien- und Objektkünstlerin verschmilzt in ihren Werken fotografische Sachlichkeit mit malerischer Unschärfe. Dies führt zu einer komplett neuen poetischen Betrachtungsweise. Durch das Fehlen rationaler Betrachtungsebenen, bleibt jedem Betrachter der Werke eine Menge Interpretationsspielraum. Die Eva Schlegel-Ausstellung wird außerdem in der Dominikanerkirche, nur zehn Minuten vom Haupthaus entfernt direkt in der Kremser Innenstadt, fortgesetzt.
Von der Kunst zur Karikatur / sponsored
Mehr auf den eigenen Humor als auf die poetische Betrachtungsweise, kommt es im gegenüberliegenden Karikaturmuseum Krems an. Die österreichweit einzigartige Sammlungen an politischen Karikaturen, Cartoons und Comics hat meine Lachmuskulatur (leider nicht gleich die Fußmuskulatur mit) herrlich aufgelockert. Schon direkt vor dem Museum begrüßen zwei der bekanntesten Figuren des – leider viel zu früh verstorbenen – Karikaturisten Manfred Deix: Herr und Frau Österreicher lachen einem schallend entgegen.
Schon seit 2001 wird hier prächtigst unterhalten. Im Erdgeschoß findet sich momentan die Ausstellung „Ahoj Nachbarn“, darin werden Karikaturen und Satire aus Tschechien präsentiert. Auf die Frage „Wie beschreiben sie den tschechischen Humor?“, antwortete der tschechische Schriftsteller Jaroslav Rudís: „Man lacht und zittert zugleich.“ Genau dieser Mix wird bei den gezeigten Karikaturen getroffen. Ideal. um sich schon einmal „warmzulachen“, denn direkt gegenüber gelangt man in die Dauerausstellung der bekanntesten Karikaturen von Manfred Deix. Wir Österreicher werden dabei grandios aufs Korn genommen, obwohl viele der Zeichnungen schon aus den 80ern oder 90ern stammen, sind sie heute brisanter als eh und je.
Nach einem Blick in den Spiegel, der erfrischend gut tut, findet man im Obergeschoss noch Werke von Erich Sokol. Er gilt in der Karikatur-Szene und Satire, und besonders in seiner Königsdisziplin, der Porträt-Karikatur, als Wegbereiter einer neuen österreichischen Schule. Der gute Mann hat z.B. auch das ORF-Logo entworfen. Viele österreichische und internationale Promis kann man auf seinen Karikaturen erkennen, noch bis 25.11.2018 findet ihr die „Sokol-Auslese“ im Karikaturmuseum.
Blasencounter: 17
Schnitzelcounter: 3,2
Kilometercounter: 850
Spenden: 4.250 € für die St. Anna Kinderkrebsforschung erlaufen
Fazit: Wein, Hitze und Gastfreundschaft bestimmten die letzten Meter der Wanderei. Egal wo, alle Menschen nahmen mich mit einer umglaublichen Freude auf. Es ist schön, mit so einem Gefühl die letzte Etappe anzutreten. Kaum zu glauben, dass dieses Abenteuer morgen zu Ende geht. Sieben Wochen, die mich so viel lehrten finden morgen ihren Ausklang auf den 25 Kilometern von hier bis zu meiner WG in Währing. Es wird Zeit!