Es ist schön, in Zams / Landeck zu sein! Mit diesem Ort verbinde ich zahlreiche Kindheitserinnerungen. In der ersten Ferienwoche bis zu meinem 12. Lebensjahr, bin ich immer mit meinen Großeltern über den Reschenpass nach Mals in Südtirol auf Urlaub gefahren. In Zams bzw. Landeck pausierten wir oft, genossen das Panorama. Irgendwie war das der letzte Stop vor dem „Süden“, deshalb die positiven Erinnerungen. Ich mag es hier.
Die heutige Etappe war meine erste komplett alleine, das war nicht groß außergewöhnlich, schließlich habe ich vor der Wanderei schon einige Male alleine „trainiert“ und bin mit oder ohne Gepäck eine durchschnittliche Etappe gegangen. Man nimmt als Einzelstreiter sogar nochmal alles wesentlich intensiver wahr, ein Faktor, den ich in den letzten Tagen am langsamen Reisen sehr zu schätzen gelernt habe. Wie schön es ist, so viel Zeit zu haben, alles so genau anschauen, spüren und riechen zu können.
Begonnen hat der Tag im Hotel Basur in Flirsch, meiner Unterkunft der vergangenen beiden Tage. Da ich jetzt seit über einer Woche in Hotels nächtige und in den hauseigenen Speisesälen esse, ist es Zeit über etwas zu sprechen. Ich nenne es das „Speisesaalsyndrom.“ Wie viele Pärchen und Bekannte, jung oder alt, es gibt, die sich beim Essen ausschließlich anschweigen, sich nicht anschauen und tatsächlich während der gesamten Mahlzeit KEIN Wort miteinander sprechen. Das Highlight ist, wenn der Kellner die Bestellung aufnimmt, das Tablett fallen lässt oder das Gespräch am Nachbartisch mitzuhören. Heute dann endlich das Gegenteil: ein französisches Pärchen neben mir, sie scherzen, lachen, der Mann macht einen Witz und die junge Frau am Nachbartisch schüttelt sich vor Lachen, kann nicht mehr aufhören, ich muss selbst grinsen, sowas macht doch einfach gute Laune. Drei Tische weiter ein Ehepaar, das sich das ganze Frühstück über angeschwiegen hat, nennen wir sie die Gargamels. Kaum beginnt das Lachen der Franzosen, mustern sie die Beiden mit einem bösen Blick. Während das heitere Paar den Speisesaal verlässt, sagt der Mann der Gargamels die ersten Worte zu seiner Frau, blickt aber dauernd in Richtung Franzosen: „Eine Frechheit! Diese Lautstärke!“ Leute, was ist los mit euch? Essen (und nicht Instagram) ist die sozialste und Lachen meiner Meinung nach die gesündeste Sache der Welt! Sprecht miteinander, auch wenn es nur über das Wetter ist und lasst andere ihre Momente genießen. In manchen Hotelspeisesälen herrscht tatsächlich eine Stimmung, wie bei einem Begräbnis.
Ich habe mir die Stimmung aber nicht verderben lassen und bin um kurz vor neun losmarschiert. Eine verhältnismäßig kurze Etappe von 20km runter durch das Stanzer Tal bis an den Inn nach Zams erwartete mich. Das Wetter wollte heute leider den ersten Tag nicht wirklich mitspielen, es tröpfelte immer wieder, die letzten Kilometer nach Zams wurde dann sogar die Regenjacke feierlich getauft, aber alles gut, sie ist wasserdicht.
Lebensgefährlich durch’s Dorf
Die Strecke selbst war eher unspektakulär, immer ein paar hundert Höhenmetern über der Bundesstraße ging es über Waldwege, Pfade und Straßen durch verschiedene Orte. Einzig die Ortschaft Grins bleibt mir negativ im Gedächtnis von der heutigen Etappe. Kein Gehsteig, die vielen Tiroler SUVs krachten mit hohem Tempo und dem geringstmöglichen Abstand an mir vorbei, keiner bremste, alle schauten mich böse an. Einer zeigte mir doch tatsächlich den Stinkefinger, als ich am Straßenrand mit einem Fuß (ENTSCHULDIGE) auf der Straße stand um am Handy den weiteren Wegverlauf nachzuschauen. Ich dachte, die Bewohner von Grins sind die Grinser, dafür haben mich manche aber sehr böse angeschaut, ein längerer Spaziergang würde euch nicht schaden.
Nach einer kurzen Mittagspause erwischte mich der Regen das erste Mal so richtig, war mit der Ausrüstung aber kein großes Problem. Einzig der Abstieg von Stanz nach Zams hatte es in sich und verkam mehr zur Rutschpartie. Meine Stöcke waren da wirklich Gold wert, nicht nur einmal wäre ich um ein Haar ausgerutscht und konnte mich mit den Stöcken gerade noch auf den Beinen halten. Nach den turbulenten 20 Minuten Abstieg, erreichte ich aber wohlbehalten die Ufer des Inns und nach weiteren zehn Minuten die schöne Ortschaft Zams.
Hier darf ich heute ganz alleine im Hotel Jägerhof nächtigen. Das Hotel hat aber nicht etwa Schwierigkeiten, Gäste zu finden, sondern noch gar nicht geöffnet! Erst morgen wird die Sommersaison eingeläutet, ich darf trotzdem schon hier schlafen. Herzlichen Dank an die Betreiberfamilie Bouvier, die mich mit dem tollen Zimmer hier unterstützt, es ist ein Gedicht für eine Nacht euer Gast zu sein.
Fazit: Eine unspektakulär schöne Etappe, inklusive Stinkefinger, von Flirsch nach Zams. Meinen Füßen geht’s gut, der gestrige Ruhetag war dafür Gold wert! Morgen folgt die Rekordetappe bisher, knapp 29 Kilometer geht es von hier nach Sautens. Ich möchte deshalb schon frühmorgens starten, mal schauen, ob ich das schaffe. Heute gegen 19.30 Uhr starte ich übrigens eine Livesession auf Instagram mit meinem Bekannten Gerry, Gründer von der nachhaltigen Bekleidungsmarke Stroncton.
Blasencounter: 9
Kilometercounter: 139
Spenden: 695€ für die St. Anna Kinderkrebsforschung erlaufen
In diesem Blogartikel erkläre ich euch, was es mit der Spendenaktion bei der Wanderei auf sich hat.